Voll Optimismus ins neue Jahr Es war eine Atmosphäre, wie man sie sich in Zeiten von Krisen, Kriegen und Katastrophen eigentlich immer wünscht: Am 17. Abend des neuen Jahres sah man in der Wirtschaftskammer Reutte nur strahlende Gesichter – die Freude darüber, dass nach langer Corona-Pause endlich wieder der traditionsreiche Neujahrsempfang stattfinden konnte, war unverkennbar. Und so konnten Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser, WKO-Bezirksstellenobmann Christian Strigl und Bezirksstellenleiter Wolfgang Winkler auf der Treppe hinauf zum Foyer Hunderte von Händen schütteln – was ihnen auch sichtlich großes Vergnügen bereitete. Wolfgang Winkler kann dabei in Sachen WKO-Neujahrsempfang als „alter Hase“ gelten: Zehn Jahre fungiert er mittlerweile als Verantwortlicher für dieses gesellschaftliche Ereignis, davor war er oft als Gast da – in seiner Eigenschaft als Bürgermeister von Ehenbichl. Das Ziel blieb über all die Jahre hinweg dasselbe: „Mit einer positiven Stimmung ins neue Jahr zu gehen und Optimismus zu verbreiten“, beschreibt es der Bezirksstellenleiter. Und das Ganze stehe dann unter dem Motto: „Geht es der Wirtschaft gut, geht es uns allen gut.“ Den Vertretern des öffentlichen Lebens (neben Unternehmern auch Abgeordnete, Bürgermeister, Schul- und Behördenleiter sowie andere „Promis“) ging es auf jeden Fall an diesem Abend sichtlich gut. „Es ist schön, wieder Außerferner zu sehen“, gab Nationalrätin Liesi Pfurtscheller fröhlich zu Protokoll. Die Bundeshauptstadt habe zwar zweifelsohne auch ihren Reiz: „Aber es müssen nicht immer Wiener sein. Es ist einfach toll, auch wieder Dialekt reden zu können. Zuhause ist es eben doch am schönsten.“ Auch lokale „Institutionen“ wie Reuttes Historiker Richard Lipp genossen das Miteinander sichtlich: „Man trifft regelmäßig alte Bekannte und kann schauen, wie es denen so geht, das ist einfach eine schöne Tradition.“ Für Pflachs Bürgermeister Karl Köck war es der erste Empfang in diesem Amt. Und so nutzte er freudig die Gelegenheit zum Kennenlernen, aber auch zum Austausch von Meinungen und Erfahrungen: „Das ist schon auch wichtig für meine Arbeit.“ Auch seiner dienstälteren Jungholzer Kollegin Karina Konrad (sie ist bereits seit 2016 im Amt) erging es da ähnlich. Sie war begeistert von der Möglichkeit, „Kontakte zu knüpfen, Leute wieder zu treffen und Neues zu erfahren“. Ins Schwärmen geriet auch die Außerferner Theaterlegende Claudia Lang: „Man trifft jede Menge ganz unterschiedlicher Leute. Das ist einfach eine tolle Veranstaltung.“ Einen großen Wunsch hegte sie derweil dennoch: „Bisher wurden ja von der Wirtschaftskammer immer wieder Jungunternehmer vorgestellt. Es würde mich sehr freuen, wenn nun auch viele Jung-Unternehmerinnen starten.“ Keine Berührungsängste zeigte ein gut gelaunter Christian Angerer, in „Personalunion“ Bezirksobmann von Landwirtschaftskammer und Bauernbund: „Im Wort,Landwirtschaft‘ steckt ja schließlich ,Wirtschaft‘ drin“, schmunzelte er. Sehr dankbar sei er dafür, „dass ich dabei sein, mich mit Kollegen austauschen und dabei vielleicht auch das eine oder andere Projekt auf den Weg bringen kann“. Der Blick auf Gegenwart und Zukunft erfülle ihn auf jeden Fall mit Zuversicht: „Wir konnten trotz aller Krisen die Zahl der bäuerlichen Betriebe im Außerfern halten.“ Zudem veränderten sich die Prioritäten der Verbraucher zunehmend: „Regionalität hat einfach Zukunft.“ Angeregt unterhielten sich auch Paul Strolz und Dr. Reinhard Schretter, der ehemalige Präsident der Industriellenvereinigung Tirol – ersterer Präsident und letzterer Mitglied der Zunftbruderschaft St. Josef zu Bichlbach. Das Oberhaupt der Zunft kam quasi direkt von der Hauptversammlung einer ähnlichen Gemeinschaft: Der 1709 Handwerkerverein Kappl ist quasi der jüngere Bruder des 115 Jahre älteren Bundes. „Wir sind quasi Vorläufer und Ideengeber der jetzigen Wirtschaftskammer“, sah sich Strolz da durchaus in eine Kontinuität eingebettet, und er freute sich daher sehr, an diesem Abend so viel jungen Unternehmern zu begegnen und nutzte die Chance, auch ihnen diesen Aspekt zu vermitteln. Beeindruckt zeigte er sich auch von den Rednern des Abends. Beim neuen Wirtschafts-Landesrat Mario Gerber sei überaus wohltuend zu spüren gewesen, dass er als Hotelier aus der Praxis komme. Wunschzettel der Wirtschaft Energiepreise, Fachkräftemangel und Verkehr – das sind für Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser die großen Wirtschaftsthemen für das neue Jahr und für Bezirksstellenobmann Christian Strigl kommt noch die Bildung dazu. Das wurde bei einer Pressekonferenz anlässkich des Neujahrsempfangs der WKO in Reutte deutlich. Mit einer provokanten Äußerung hatte Walser vor kurzem ja österreichweit für Aufsehen gesorgt. Und von der nahm er auch in Reutte nichts zurück: „Wir sollten Asylsuchende im Verfahren arbeiten lassen.“ Er kritisierte, dass im Momemt keine Schnittstelle mit dem AMS existiere: „Die wissen de facto gar nicht, dass diese Leute da sind.“ Mit der Vermischung der Themen Asyl und Arbeit ließen sich zwar vielleicht Wahlen gewinnen, aber es werde damit das Falsche bewirkt: „Für viele wäre es besser, wenn sie einfach einen Arbeitsantrag stellen könnten. Dann hätten wir den ganzen Asylstreit nicht. Aber das ist politisch wohl nicht gewollt.“ Generell sei das Thema unter den Tiroler Unternehmern derweil durchaus eher von Zuversicht geprägt, freute sich Walser. Nach einer Umfrage unter 250 Top-Firmen gehe man für heuer von einem Wirtschaftswachstum von zwei Prozent aus: „Das würde bedeuten, dass wir Ende des Jahres wieder Vor-Corona-Niveau erreicht hätten. Ein Minus von zehn Prozent in solch kurzer Zeit aufholen zu können, wäre eine Sensation.“ Lob zollte der Präsident der oft gescholtenen Bundesregierung: „Angesichts der Explosion der Energiepreise hatten wir auch im internationalen Vergleich eine gute Unterstützung für die Unternehmen.“ Allerdings zeige sich jetzt auch, dass der Arbeits- und Fachkräftemangel noch heftiger sei, als man vor der Pandemie gedacht habe. Und was kann man dagegen tun? „Ausbildung und Lehre stärken, die Kinderbetreuung verbessern und ausbauen, mehr Überstunden steuerbegünstigt stellen und Pensionisten brutto für netto arbeiten lassen“, fallen Walser da als probate Mittel ein. In Sachen Verkehr mahnt er wiederum ein 2017 vom damaligen Landeshauptmann Günther Platter gegebenes Versprechen an: Der habe den Fernpass-Scheiteltunnel zugesagt, aber nichts sei geschehen. Und nun werde auch noch die Sanierung des Lermooser Tunnels dringlich: „Wenn wir jetzt wieder anfangen über den Scheiteltunnel zu diskutieren, drehen wir uns wieder im Kreis. Es muss schnell was passieren.“ Diese Forderung verbindet ihn natürlich aufs Engste mit Bezirksobmann Christian Strigl. Wobei sich die beiden auch einig sind, dass die zur Finanzierung angedachte Maut durchs Außerfern nichts bringe außer Geld. Eine verkehrslenkende Wirkung könne man sich da nicht erhoffen. Mit Nachdruck setzt sich der Vilser darüber hinaus auch dafür ein „unser komplettes Schulsystem im Außerfern zu analysieren, zu erkennen, was gut und was schlecht ist und die Lehren daraus zu ziehen“. Beim Neujahrsempfang 2020 habe man Platter als „Gedankenstütze“ symbolisch den Grundstein für ein Schüler- und Lehrlingsheim in Reutte überreicht. Auch da sei „wegen Corona nichts so recht vorangegangen – aber wir müssen was tun, um dem Wegzug aus dem Bezirk entgegenzuwirken“. Eine solche Einrichtung biete die Chance, eventuell sogar junge Leute aus anderen Teilen Tirols oder dem Allgäu fürs Außerfern zu gewinnen.